Sie sind noch nicht angemeldet. Klicken Sie hier und lassen Sie sich kostenlos registrieren, um weitere Rubriken zu sehen und zusätzliche Lese- und Schreibrechte zu erhalten. Impressum 
Bilder Upload
| Übersicht | Suche | Registrieren | login |
| Hundeschule | Aggressionshund | Tierschutz | Toughstuff | Lennie | Impressum/Datenschutz

Anmeldung bitte hier
Dieses Thema hat 8 Antworten
und wurde 897 mal aufgerufen

Das Neueste auf einen Blick



 Behaviour (öffentlich)
Marny Offline




Beiträge: 10

22.02.2010 22:12
Alles Meins oder doch Zitat · Antworten

Wie in meinem Vorstellungsthread schon angedroht, bräuchte ich Euren Rat/Tipps wegen unseres Sorgenkindes Fynn.

Fynn ist ca. 12 Monate alt und lebt seit knapp zwei Wochen bei uns.
14 Monate nach dem Tod unseres Huskys Rouven haben wir uns entschlossen, daß Lena nicht Einzelhund bleiben soll,
sondern wieder einen Gefährten bekommt.

Weil Lenchen manchmal ganz schöne Zickenallüren hat, wollten wir zwar einen Hund aus dem Tierschutz, aber er sollte
schon in unserer Nähe auf einer Pflegestelle oder in einem TH sein, damit die zwei Nasen sich langsam kennenlernen
können und wir sicher gehen können, daß auch unsere Katze Fancy nicht vom neuen Familienmitglied verspeist wird

Eigentlich hatten wir uns Fynns Bruder ausgeguckt, der auf einer PS nur einige km von uns entfernt wartet. Nach Rücksprache
mit der Tierschutzorga hat man uns aber abgeraten, der Bruder reagiere sehr ängstlich auf Männer.
Na ja, eigentlich kein Problem, Lena war ein absoluter Angsthund und ihre Vorgängerin Cora auch.
Da aber Fynns Bruder angeblich recht aggressiv auf Männer reagierte und wir ja eher "Angsthäschen" erfahren sind, ließen
wir uns das ausreden. Dabei wurde uns Fynn ans Herz gelegt.
Angeblich ganz offen, zutraulich, verschmust und super sozialisiert. Aber halt noch in Spanien, vorheriges Kennenlernen
nicht möglich.

Wir haben lang überlegt, ob wir uns das mit Lena und Fancy zutrauen, aber als man uns zugesagt hat, daß Fynn auf jedenfall
in die gleiche Pflegestelle könnte, auf der sein Bruder lebt, wenns bei uns mit den zwei Mädels so gar nicht klappt, haben
wir zugesagt.

Fynn und Bruder wurden übrigens im Alter von drei Monaten von Tierschützern gefunden, als sie versuchten, sich aus einem
Wasserloch zu befreien, in das sie gefallen waren. Die Mutter und zwei weitere Welpen liefen aussen herum, konnten aber
nicht eingefangen werden. So zogen Fynn und sein Bruder also in eine spanische Auffangstation. Anfangs in die Welpengruppe,
später zu den Junghunden, bis Fynns Bruder nach Deutschland kam.

Fynn war am Flughafen total souverän, zeigte keine Angst, fuhr super im Auto mit, zog nicht an der Leine, total lieb zu Lena
(hat sich alles von der Giftnudel gefallen lassen) und unsere Katze findet er zwar interessant, schnüffelt auch mal hin und
läuft hinterher, wenn sie ausbüchst, tut aber nichts.

Auch die ersten Hundebegegnungen (und so ist das immer noch) extrem entspannt, auch dann noch, wenn Lena meint, mal wieder
einen anderen Hund anstänkern zu müssen. Angst vor Männern schien er kaum zu haben (vor Frauen eh nicht), ein Hund wie aus
dem Bilderbuch, uns ging echt das Herzchen auf

Mittlerweile hat sich der Bub schon ein bisschen eingewöhnt, er orientiert sich beim Spazierengehen sehr an Lena.

So, aber jetzt kommt unser Problem:
So entspannt Fynn am Anfang bei anderen Menschen war, so unentspannt ist er jetzt. Fing so an:
War letzte Woche beim Friseur, Haare ab, dunkel färben, sieht schon sehr verändert aus.
Abends tappe ich durch die dunkle Wohnung, um den Göttergatten von Olympia loszueisen, schiesst Fynn aus seinem
Körbchen hoch und rennt bellend auf mich zu. Bin mindestens ebenso erschrocken wie er, aber nachdem ich ihn
angesprochen und er mich erkannt hat, wollte er gar nicht mehr aufhören, zur Entschuldigung die Hände abzuschlecken ...

Meine Güte, was ein Schreck

Am nächsten Tag steigerte sich das Ganze:
Unser Nachbar (denn Fynn ein paar Tage vorher schon kurz kennengelernt hatte) klingelt, wir machen auf, Fynn schiesst wieder
hoch, rennt ihm bellend und knurrend entgegen. Geht vor, zurück, wieder vor, wieder zurück. Wir dem Nachbarn Goodies in die
Hand gedrückt, die Fynn dann auch zögerlich angenommen hat.

Nachmittag beim Hundemaxx neues Geschirr für Fynn kaufen (das alte hielt nicht lange). Weil der Knabe noch ziemlich dürr ist,
mussten wir einige probieren. Eine Dame kommt um die Ecke, spricht uns an, bewundert Fynn. Fynn anfangs noch vorsichtig, dann
ganz begeistert von ihr. Da kommt ihr Mann dazu. Und das Drama geht von vorne los: Wieder bellen, knurren. Er - Gott sei Dank
hundeerfahren - dreht sich weg, Fynn beruhigt sich, nimmt zögernd Kontakt auf. Der Mann hält seine Hand zum Schnuppern hin, Fynn bellt wieder. Das Paar blieb trotzdem noch eine Weile, irgendwann gingen sie dann.
Plötzlich kommt um die Ecke ein anderes Paar mit Minihund. Fynn beäugt das Ganze skeptisch, sagt aber nichts. Da kommt ein
kleines Mädchen dazu und Fynn verbellt das Kind.

Ihr könnt mir glauben, das ist mir ganz schön auf den Magen geschlagen. Bin als Kind selbst gebissen worden und hatte daraufhin
panische Angst vor Hunden. Deshalb hab ich dann - quasi als Konfrontationstherapie - meinen ersten eigenen Hund bekommen.
Ich kann so ziemlich mit allen blödsinnigen Anwandlungen meiner Fellnasen umgehen, aber Aggession gegen Menschen: Da dreht sich
mir der Magen um.

Wir haben sofort unsere Hundetrainerin angerufen, sie kam am nächsten Tag, klingelte. Ihr ahnt was kommt?
Wieder Fynns Gebelle und Geknurre. Die gute Frau weiss ja zum Glück damit umzugehen, hat ihn erst mal nicht angesehen, Leckerlies hingereicht, die er auch genommen hat, aber ansehen durfte sie ihn erst mal gar nicht. Das ging dann etwa 1/2 Std. später, da ließ er sich auch streicheln.
Unser tapferer Nachbar hat sich gleich nochmal als Versuchsobjekt angeboten, damit die Trainerin sich Fynns Verhalten genau ansehen konnte. Nach dem Anfangstrara nahm Fynn auch da Leckerchen, ließ sich auch streicheln.

Wir sollen ihm jetzt fremde Personen und Besuch "schönfüttern". Auf der Hundewiese sprechen wir Männer an, bitten sie, ihm
Leckerchen zu geben (funktioniert ganz gut, draussen ist er viel entspannter bei Menschen), lässt sich auch da streicheln.

Auch andere Dinge, wie vorbeiknatternde Autos, Kinderwägen, Langläufer werden schöngefüttert. Versteh ich alles soweit.

Was ich aber nicht verstehe:
Wenn Besuch kommt und Fynn zeigt dieses Verhalten (Aggression, Angst, Schutzinstinkt???) und wir oder der Besuch halten ihm
daraufhin Leckerlies vor die Nase: Bestätigen wir da sein Verhalten nicht noch?
Mir ist schon klar, dass er Besuch mit etwas ganz Tollem verknüpfen soll, aber funktioniert das tatsächlich?

Muss gestehen, bin im Moment sehr unsicher. Draussen krieg ich das ja geregelt, aber das - für mich - aggressive Verhalten
gegen Besucher und das Leckerchen geben? Ist er tatsächlich aggressiv, hat er Angst, ist er unsicher, verteidigt er uns und
seine Höhle jetzt schon?

Ich würd mich sehr freuen, wenn Ihr mir Eure Gedanken dazu schreibt.

Viele Grüße

Marion mit Lena der Zickenprinzessin und Fynn dem Hüter der Höhle

Schnuffelnase Offline



Beiträge: 5.204

22.02.2010 22:38
#2 RE: Alles Meins oder doch Zitat · Antworten

Ich kann nur von meiner Hündin sagen, dass kurz nachdem ich sie aus dem Tierheim holte einige Probleme auftraten. Nicht so heftig wie bei Fynn, aber sie verbellte Leute mit Hüten, Sonnenbrillen, Bärten, Kopftüchern, komischem Gang, Leute die sich ihr zu frontal näherten, Motoradfahrer, Kinder mit Fahrradhelm, Rolltreppen, Bettlern usw. Anscheinend waren das alles Sachen, mit denen sie noch nicht so konfrontiert war. Die Tierärztin knurrte sie gleich mal an, als wir das erste Mal da waren.

Schönfüttern hat in diesem Fall sehr gut geholfen und letztlich hat sie darüber hinaus gelernt, mir in solchen Sachen zu vertrauen. Wobei ich schon darauf geachtet habe, dass ich überwiegend in Bellpausen füttere. Bewährt hat sich da das Leckerchenfang- oder Leckerchensuchspiel, weil es gleichzeitig ablenkte und Erregung kanalisierte. Wenn andere Personen jedoch angebellt wurden, habe ich sie einfach das Leckerchen auch erst einmal nur hinwerfen lassen, sie konnte so sehen, dass von denen was Gutes kommt, ohne sich direkt zu bedroht zu fühlen. Dabei war ja nun ein Timing kaum möglich und es klappte auch so.

Es waren einige Wochen sehr harte Arbeit, in denen ich selbst mit Kopftuch und Hut auf dem Sofa saß, mein Nachhilfekind musste die vor der Tür abgelegten Verkleidungen anziehen, ich bekam beim Spazierengehen plötzlich die merkwürdigsten Auffälligkeiten in Gang, Stimme und Bewegung und wir spielten Leckerchensuchspiele neben Rolltreppen, clickerten uns an Schaufensterpuppen heran usw.

Es hat sich gelohnt, Kira bellt nur noch sehr selten jemanden an (vor einiger Zeit hatten wir es nochmal, als ich einen Mann nach dem Weg fragte und der mit solch einer technischen Ersatzstimme antwortete), normalerweise freut sie sich über Leute und lässt sich auch nicht mehr durch Rollkoffer oder ähnliche Ungetüme aus der Ruhe bringen. Sie ist inzwischen ein recht unkomplizierter Labbi, wie er im Buche steht und die Wäsche von Ohren und Gesicht ist in der Begrüßung inbegriffen, wenn ich sie lasse

Nun hat Fynn ja noch einen anderen Hintergrund. Aber ich denke, dass ihr mit Schönfüttern auf dem richtigen Weg seid. Wobei ich persönlich schon darauf achten würde, so gut es eben geht dabei das richtige Verhalten zu belohnen. Dazu gibt es aber unterschiedliche Ansichten und hier gerade einen interessanten Thread:
Fehlverhalten verstärken

Dein Fynn ist ja gerade mal zwei Wochen bei euch, es ist also alles noch neu für ihn. Er muss sich an ein komplett anderes Land gewöhnen, wird von Eindrücken überflutet und muss ja zu euch auch erst einmal Vertrauen aufbauen und sich in seiner neuen Famliie zurecht finden. Vielleicht legt sich mit schwindendem Stress ein Teil der Aggression von selbst. Zunächst einmal ist Stress als Ursache ja wesentlich wahrscheinlicher als anderes- wenn ich lese, was er in den zwei Wochen alles schon erlebt hat, wird es mir vom Lesen nämlich schon ein bisschen stressig. Genaueres kann sicherlich deine Trainerin sagen. Geh es ruhig an. Lass ihn zur Ruhe kommen, bring ihm bei, sich zu entspannen. Mute ihm vielleicht erst einmal nicht all zu viel Neues zu. Wenn es bei uns stressig war, dann nehmen wir uns beide eine Auszeit von zwei oder drei Tagen. Da machen wir nur Entspannungshunderunden an der Flexi, völlig ohne Training, kein Üben im Alltag. Nix außer schlafen, kuscheln und schnüffeln. Das tut uns beiden sehr gut.

Auf jeden Fall hab Mut: wenn du hier liest, wirst du viele Leute finden, die ähnliche Probleme mit ihren Hunden haben und wo es manchmal fast täglich Erfolgsmeldungen gibt, auch wenn manches eben auch seine Zeit dauert. Ich möchte dir Mut machen, dir und deinem Hund diese Zeit zu geben.

Marny Offline




Beiträge: 10

22.02.2010 23:08
#3 RE: Alles Meins oder doch Zitat · Antworten

Danke für die schnelle Antwort, Schnüffelnase.

Leider hab ich den Dreh mit dem "Zitat" noch nicht raus, deshalb jetzt einfach mal so:

Ich fürchte auch, daß die vielen Eindrücke Fynn schon arg überfordert haben. Bin auch kein Freund
von "Schnell, schnell". Nach dem Vorfall bei Hundemaxx haben wir solche Situationen auch bisher
vermieden, das Training mit dem Nachbarn auch erst mal ausgesetzt.
Mein Bauch sagt mir, daß Fynn einfach noch nicht soweit ist.

Wir machen auch immer wieder Übungspausen, d. h. wir sind nicht ständig auf Hundewiesen unterwegs.
Zum Glück wohnen wir recht ländlich und der Großteil der Spaziergänge findet auf den Feldern statt,
wo man kaum Menschen oder andere Hunde trifft, bzw. recht gut ausweichen kann. Oder wir fahren zu
einer wenig besuchten Hundewiese, wo er zwar - wenn er mag - Kontakt aufnehmen kann, es aber nicht
eng zugeht.

Noch bevor er irgendetwas anderes gelernt hat, haben wir ihm beigebracht, in seinem Körbchen zu
liegen. Das hat er auch ganz schnell verstanden. Sitz, Platz, Pfote, solche Dinge lernt er jetzt
noch gar nicht, wir möchten, daß er erst mal ruhig und entspannt auf seinem Platz bleibt und auch
das Signal "bleib" versteht. Ach ja und wir klickern, sind aber noch Anfänger auf diesem Gebiet.

Wie gesagt, mein Bauch meint auch, daß das der richtige Weg ist. Unsere Trainerin sagte aber,
daß wenn Fynn wirklich erst mal richtig bei uns angekommen ist, das Zurückweichen auch ganz schnell
in ein Nach-Vorne-Gehen umschlagen könnte. Und da fragt man sich natürlich, was besser ist:

Relativ schnell ins Training einsteigen oder ihm doch zuallerst Ruhe und Sicherheit zu vermitteln.
Ich schätze ich hör auf den Bauch, was meinst Du?

Jetzt werd ich mir gleich mal den Fehlverhalten verstärken Thread durchlesen.

Liebe Grüße

Marion

Schnuffelnase Offline



Beiträge: 5.204

22.02.2010 23:15
#4 RE: Alles Meins oder doch Zitat · Antworten

Zitat von Marny
das Training mit dem Nachbarn auch erst mal ausgesetzt.
Mein Bauch sagt mir, daß Fynn einfach noch nicht soweit ist.



Würde mein Bauch auch sagen und das ist z.b. das, was ich mit meinem Posting meinte.

Du wirst hier sicher viel Hilfe finden. Selber bin ich nicht gerade ein leuchtendes Beispiel für langesames, ruhiges Training, aber ich gebe mir Mühe. Einige hier können das richtig gut, die werden dir bestimmt noch antworten.

Tante_Haha Offline

Mobiles Spaßzentrum und Sicherheitszentrale für drei Buben und Tante Lupa


Beiträge: 39.741

22.02.2010 23:37
#5 RE: Alles Meins oder doch Zitat · Antworten

Hallo Marion,

ich habe mit Lumpi einen Hund, der ganz extreme Angst vor Fremden, insbesondere vor Männern und Kindern hat. Ich kann Dir mit Sicherheit sagen, dass man Aggression nicht bestätigen kann. Wenn Du immer im falschen Moment clickst oder bestätigst, kannst Du z.B. Verhaltensweisen bestätigen, nicht aber die Aggression selbst. Man muss sich ja vorstellen, dass Aggression eine Emotion ist, die dem Hund ja keinen Spaß macht oder ihm ein gutes Gefühl vermittelt. Er ist unsicher, hat Angst oder fühlt sich irgendwie bedroht und die Aggression ist seine Antwort darauf.

Ich habe mit Lumpi verschiedenes trainiert. Zum Einen habe ich ihm erstmal Alternativverhalten beigebracht. D.h. ich habe irgendwie versucht ihn abzulenken und ihn dazu zu bringen, mich anzusehen. Blickkontakt haben wir natürlich sehr oft trocken geübt. Das hat mehrere Vorteile. Zum Einen sieht er den angstauslösenden Reiz nicht mehr an und er bekommt ein positives Signal, nämlich "Kuck mal". D.h. er weiß, was man von ihm möchte und das allein verleiht ihm schon Sicherheit. Als nächstes haben wir natürlich JEDEN Blickkontakt zur fremden Person beclickert und mit Futter belohnt. Anfangs immer mit Lecktube vorm Maul. Man kann nicht Lecken und gleichzeitig knurren . Auch in Situationen, in denen Lumpi absolut ruhig bleibt, belohne ich jeden Blickkontakt zu fremden Menschen.
Das Wichtigste für uns war allerdings, dass Lumpi von völlig Fremden NIEMALS Leckerchen bekommen hat, sondern immer von uns. Denn man brachte ihn dadurch in einen fürchterlichen Konflikt. Er will das Leckerchen, hat aber eigentlich Angst vor dem Fremden. Diese Situation löste Stress in ihm aus. Er nahm zwar das Leckerchen, stand danach aber doppelt unter Strom. Das machen wir wirklich erst, wenn er die Leute schon etwas kennt. Und auch dann werfen ihm die Leute die Leckerchen, sodass er seine Distanz wahren kann.

Ich würde auch einen ganzen Gang zurückschalten und viel auf Entspannung setzen und ihn bezüglich Begegnungen nie unter Druck setzen. Lieber ein halbes Jahr einen Schritt zu langsam gemacht als einen Schritt zu schnell.
Ich habe zu Beginn sehr viel falsch gemacht. Seitdem wir alles sehr viel langsamer machen, haben wir viel größere Fortschritte. Dazu gehört z.B. dass wir einen Raum mit Kindergitter abgetrennt haben. Wenn Besuch für Lumpi zu viel ist, kommt sein Körbchen da rein und er bekommt eine Zwangspause verordnet.

Natürlich kann ein zurückweichen auch ein Nach-Vorne-gehen werden. Das wird es aber dann, wenn er bei Euch keine Sicherheit findet und meint, er muss mit allem selbst fertig werden. Vermittel ihm Sicherheit, indem Du ihn schnell aus Situationen herausbringst, die ihm Angst machen. Indem Du für ihn solche Dinge regelst. Dann muss er nicht nach vorne gehen. Einem unsicheren Hund Sicherheit zu vermitteln ist das härteste Training überhaupt - glaub mir: ich weiß wovon ich spreche!

Viele liebe Grüße
Frau T. mit Lumpi, Mo und Nils
__________________________________________________________________________

Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch.
Karl Valentin

Nina Offline



Beiträge: 3.332

23.02.2010 05:59
#6 RE: Alles Meins oder doch Zitat · Antworten

Ich habe auch eine Schäferhündin und wir hatten/haben ganz ähnliche Probleme. Anfangs war sie ein Traum mit Menschen aber dann wurden gerade Besucher wurden niedergemacht, das war nicht mehr lustig. Totaler Aufstand, anspringen, mitten ins Gesicht bellen. Jedes Klingeln führte zu einem total abgedrehten Hund.

Wir haben das so geregelt: wir haben eine Hundebox. Ich habe mit Lotta im Vorfeld ein absolut sicheres "in die Box" trainiert. Heißt, wenn ich sie in die Box schicke, dann bleibt sie da so lange, bis ich auflöse. Und zwar immer, es gibt keine Ausnahmen. Wir haben das auch unter Ablenkung trainiert, also ihr Lieblingsspielzeug herum werfen, sie in die Box schicken, während ich das Futter fertig mache, etc. Es muß wirklich bombenfest sitzen.

Dann hat mein Mann jedesmal wenn er nach Hause kam erst geklingelt und vor der Tür gewartet bis ich aufmache. Lotta weiß, dass er es ist und regt sich da auch nicht auf, aber der Klingelreiz ist ja der selbe. Ich habe Lotta in die Box geschickt, Tür aufgemacht und sie gerufen.

Es hat nicht mal einen Monat gedauert und ich konnte Lotta bei jedem Klingeln und jedem Besucher in die Box schicken. Inzwischen geht sie von alleine wenn es klingelt. Besucher bringe ich nun grundsätzlich erstmal ins Wohnzimmer während Lotta noch in der Box ist und wenn ich das Gefühl habe, sie ist jetzt locker genug, dann löse ich auf und sie darf den Besuch begrüßen.

Es klappt wirklich fantastisch. Seitdem können auch wieder Handwerker ins Haus kommen, wildfremde Menschen, es klappt tadellos. Und es hat wirklich nicht lange gedauert, bis Lotta verstanden hatte, dass sie sich um Besucher nicht zu kümmern braucht.

stoppel Offline



Beiträge: 8.461

23.02.2010 10:48
#7 RE: Alles Meins oder doch Zitat · Antworten

Zitat von Marny

Unsere Trainerin sagte aber, daß wenn Fynn wirklich erst mal richtig bei uns angekommen ist, das Zurückweichen auch ganz schnell
in ein Nach-Vorne-Gehen umschlagen könnte. Und da fragt man sich natürlich, was besser ist:

Relativ schnell ins Training einsteigen oder ihm doch zuallerst Ruhe und Sicherheit zu vermitteln.
Ich schätze ich hör auf den Bauch, was meinst Du?


Ein ängstlicher Hund wird dann nach vorne gehen, wenn der Reiz für ihn bedrohlich ist und er ihm nicht ausweichen kann. Je größer die Erregung ist, umso eher kann das passieren, weil die Alternativen u. U. noch nicht gefestigt sind.

Andererseits kann ein gestresster Hund (wie wir Menschen auch) nicht lernen.
D.h. du solltest wirklich zunächst mal viel Ruhe und wenn es geht auch eine zeitliche Struktur in den Alltag bringen, damit Fynn entspannter wird. Dadurch allein werden die unbekannten Reize schon weniger bedrohlich. Ganz nebenbei wird sich dadurch auch sein Vertrauen in dich festigen.

Training und Ruhe und Sicherheit sind keine Gegensätze (du formulierst ein entweder oder) sondern gehören zusammen. Wobei die Ruhe die Voraussetzung ist. Und ich möchte hinzufügen: auch Spaß am Training bei dir und Fynn gehören dazu. Denn nur dann hinterlässt das, was ihr gemeinsam macht, bleibende Gedächtnisspuren bei Fynn.

LG Iris mit Brummbär Richy und Springmaus Querida
_______________________________________________

"Happiness is not a station you arrive at, but a manner of travelling." (M.L. Runbeck)

Marny Offline




Beiträge: 10

23.02.2010 16:32
#8 RE: Alles Meins oder doch Zitat · Antworten

Erst mal ganz lieben Dank für die schnellen Antworten! Nachfragen muss ich aber doch noch, damit ich das auch sicher verstehe:

Zitat von Nina

Wir haben das so geregelt: wir haben eine Hundebox. Ich habe mit Lotta im Vorfeld ein absolut sicheres "in die Box" trainiert. Heißt, wenn ich sie in die Box schicke, dann bleibt sie da so lange, bis ich auflöse. Und zwar immer, es gibt keine Ausnahmen. Wir haben das auch unter Ablenkung trainiert, also ihr Lieblingsspielzeug herum werfen, sie in die Box schicken, während ich das Futter fertig mache, etc. Es muß wirklich bombenfest sitzen.
Dann hat mein Mann jedesmal wenn er nach Hause kam erst geklingelt und vor der Tür gewartet bis ich aufmache. Lotta weiß, dass er es ist und regt sich da auch nicht auf, aber der Klingelreiz ist ja der selbe. Ich habe Lotta in die Box geschickt, Tür aufgemacht und sie gerufen.
Es hat nicht mal einen Monat gedauert und ich konnte Lotta bei jedem Klingeln und jedem Besucher in die Box schicken. Inzwischen geht sie von alleine wenn es klingelt. Besucher bringe ich nun grundsätzlich erstmal ins Wohnzimmer während Lotta noch in der Box ist und wenn ich das Gefühl habe, sie ist jetzt locker genug, dann löse ich auf und sie darf den Besuch begrüßen.



Wir haben das mit Lena ähnlich gemacht. Zwar geht sie nicht in eine Box, kann sie nicht leiden, aber dafür in ihr Körbchen. Es reicht schon ein "Lena, Bett" und ein Deuten auf ihr Hundebett und sie bleibt darin. Ich denke, ich werde gleich mal Lenas alte Box aus dem Keller holen und das mit Fynn üben. Bisher hat er auch nur einen Korb, in dem er lernt, sich abzulegen. Könnte sein, daß ihm die Box mehr Sicherheit gibt ...

Zum Glück verknüpft Fynn weder das Klingeln, noch das Schlagen der vorderen (äußeren) Haustür mit Besuch. Er guckt zwar, bleibt aber liegen. Bei uns geht es erst los, wenn der Besuch die Wohnung betritt.

Zitat von Tante_Haha


Natürlich kann ein zurückweichen auch ein Nach-Vorne-gehen werden. Das wird es aber dann, wenn er bei Euch keine Sicherheit findet und meint, er muss mit allem selbst fertig werden. Vermittel ihm Sicherheit, indem Du ihn schnell aus Situationen herausbringst, die ihm Angst machen. Indem Du für ihn solche Dinge regelst. Dann muss er nicht nach vorne gehen. Einem unsicheren Hund Sicherheit zu vermitteln ist das härteste Training überhaupt - glaub mir: ich weiß wovon ich spreche!



Ich hab das bei meinen beiden Angsthündinnen bisher so geregelt, daß ich in angstauslösenden Situationen (z. B. ungewohnter Autoverkehr, oder das Rumpeln von Mülltonnen - wir haben damals noch in der City gewohnt) nicht den Hund aus der Situation rausgeholte habe, sondern tapfer vorneweg gestiefelt bin mit Leckerchen und im "Spielton" z. B. gesagt habe: "na komm Lena,
weiter gehts, wir suchen Herrchen" oder ähnliches. Hab also Situationen nicht gemieden, sondern bin mit den Mäusen durchgegangen.

Natürlich wärs fatal, Fynn zum Menschenkontakt zu zwingen, heut Nachmittag z. B. haben wir mit den Hunden im hinteren, gesicherten Hof gespielt. Neben uns steht ein Rohbau, der grade bezugsfertig gemacht wird und die neuen Besitzer waren auf der Baustelle. Sie kam an den Zaun, hat wie üblich ert mal Lena geknuddelt, Fynn hat Abstand gehalten und 1 x kurz gewufft. Wir haben gefragt, ob sie Fynn Leckerchen geben wollte. Wollte sie Mein Mann hat sich also zu ihr und Lena an den Zaun gestellt und Fynn gerufen, der auch sofort ankam und Leckerlie angenommen hat, dann gleich aber wieder zurück ist. Beim zweiten Mal hat sie ihn gerufen und er kam direkt von selbst an, um sich sein Leckerlie abzuholen.
Leckerlie werfen, so wie Tante HaHa das schildert, wäre mir auch lieber, geht aber nicht, weil die Zickenprinzessin Fynn dann eins auf die Mütze gibt. So nach dem Motto: Alles was auf den Boden fällt gehört mir!

Ich hab die Situation am Zaun eigentlich als kleinen Erfolg gesehen, hätten wir ihn in der Situation besser nicht beachten, bzw. herrufen sollen?

Heute morgen auf der Hundewiese (sehr früh, fast nichts los) ist Fynn von sich aus freunlich auf mehrere HH zugegangen. Einmal sogar zu einem Mann. Was war ich happy
Ich hab tatsächlich das Gefühl, daß seine Ängstlichkeit Fremden gegenüber drinnen (oder im Hof, seinem Bereich, oder damals bei Hundemaxx) grösser ist als Draussen. Wahrscheinlich, weil er draussen ausweichen kann, richtig? Ihr merkt schon, mein Hirn rattert

Viele Grüße

Marion

Schnuffelnase Offline



Beiträge: 5.204

23.02.2010 17:12
#9 RE: Alles Meins oder doch Zitat · Antworten

Zitat von Marny
Leckerlie werfen, so wie Tante HaHa das schildert, wäre mir auch lieber, geht aber nicht, weil die Zickenprinzessin Fynn dann eins auf die Mütze gibt. So nach dem Motto: Alles was auf den Boden fällt gehört mir!



Na du wirst sicher genug Möglichkeiten dazu haben, denn sicherlich wirst du sowieso mit Fynn einzeln trainieren und manchmal deshalb auch einzeln spazieren gehen müssen, dann wäre es ja kein Problem.

Wobei das leuchtende Vorbild eines anderen Vierbeiners auch Wunder wirkt. Ich könnte mir vorstellen, dass er in der Siuation am Zaun sich auch an Lena orientiert hat. Er sieht ja auch, dass sie das toll findet. Das kann man natürlich auch ganz toll nutzen, wenn das klappt. Wir haben vor kurzem hier im Haus einen neuen Hund aufgenommen, der ganz schön unsicher ist. Aber er guckt sich total viel von den anderen ab und ist richtig aufgetaut, bereits am ersten Tag konnte man merken, dass er sich an ihnen orientiert und entspannt hat. So nach dem Motto: sind sie entspannt, muss ich mir auch keine Sorgen machen, die kennen sich anscheinend hier aus. Kannst ja einfach mal gucken, inwieweit das einen Einfluss auf ihn hat.

 Sprung