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Dieses Thema hat 6 Antworten
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 Behaviour (öffentlich)
Toni Offline

wo langjährig unschuldig sitzender Knasti entschädigt wird


Beiträge: 6.180

14.06.2009 16:45
Handscheu Zitat · Antworten

Hallo.
Habe mal eine Frage. Was versteht man so unter "handscheu"?
Zum Beispiel bei Taylor fällt es mir auf, das er sehr unsicher auf Hände reagiert.
Wenn ich zum Beispiel bei ihm vorm Zwinger stehe und "nur" meine Hand hinhalte, wird er sofort unsicher. Er legt die Ohren an, duckt sich etwas ab. Manchmal zieht er auch die Lefzen hoch. Auch fällt mir auf, das er die Leckerchen ganz hektisch aus der Hand nimmt.
Die Beißvorfälle mit ihm waren alle in die Hand! Ist das handscheu??
Wie nimmt man einem Hund diese Handscheue?
LG Nicole

**************
Liebe Grüße
Nicole mit "Stinkstiefel" Tobi, und Balou, meinem Bärchen, für immer im Herzen

"Ihr Hund mag Ihnen gegenüber vielleicht ungehorsam sein, aber den Gesetzmäßigkeiten des Lernens gehorcht er stets ausnahmslos perfekt."

Jean Donaldson

soffie Offline

Zwar nicht des Teufels General, aber doch des Satansbratens inquisitorische Fee


Beiträge: 6.337

14.06.2009 23:04
#2 RE: Handscheu Zitat · Antworten

Zitat von Toni
Hallo.
Habe mal eine Frage. Was versteht man so unter "handscheu"?


Er hat Angst vor Händen.

Warum? Darüber kann man nur spekulieren.

Zitat von Toni

Wie nimmt man einem Hund diese Handscheue?


Mit Clicker z.B.
Hand zeigen, fein gemacht und aus der anderen Hand Lecker zuwerfen.
Ähnlich, wie den Handtouch aufbauen. Aber in Millimeterschritten.
Kannst damit was anfangen?

Liebe Grüsse
Kerstin

Liebe Grüsse
Kerstin

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Der Gedanke "Wie belohne ich meinen Hund für richtiges Verhalten?" zeichnet die Qualität der Ausbildung aus, nicht der über Bestrafung. (Edgar Scherkl)

stoppel Offline



Beiträge: 8.461

15.06.2009 11:25
#3 RE: Handscheu Zitat · Antworten

Wenn ein Hund mit Händen schon schlechte Erfahrung gemacht hat, kann es lange dauern bis Hände immer positiv besetzt werden.

Beispiel Richy
Anfangs war anfassen kaum möglich. Geschirr anziehen war von Grummeln begleitet, obwohl es immer belohnt wurde. Fellpflege - unmöglich
Nach 3-4 Wochen: Ritualisierte Vorgänge werden ertragen. Dazu gehört Abtrocknen von Bauch und Rücken und das Bürsten mit einer Babybürste. Gottseidank war es ein trockener Spätsommer. Das Berühren der Hinterläufe wird sofort mit Knurren beantwortet. Draußen ist jede Berührung tabu.
Nach 3-4 Monaten:
Auch die Hinterläufe und die Pfoten dürfen gereinigt werden, aber nur auf derselben Matte im Flur. Zecken entfernen oder ähnliches wird als Angriff gewertet und ist nur mit Mauli beim TA möglich.
Nach einem Jahr: Drinnen sind die normalen Reinigungsprozeduren kein Problem mehr. Richy kuschelt mit meinen Beinen, mag es auch sanft gestreichelt zu werden, aber natürlich nur drinnen. Draußen: fass mich nicht an! und wenn doch, dann Autsch!!! und das mehrmals (Frau kanns ja nicht lassen!)
Nach zwei Jahren: Drinnen darf es auch mal ziepen, die TA-Rechnungen werden kleiner. Draußen darf ich ihn kraulen, wenn er entspannt ist und ich den 'Überfall' vorher ankündige. Brav von der Seite versteht sich (was bei einem kleinen Hund garnicht so einfach ist!) Wir fangen an, das Festhalten am Geschirr zu üben und auch mal unvorbereite Krauler hinzunehmen.
nach 2,5 Jahren (also jetzt): Endlich kann Richy die Hände auch draußen genießen, manchmal fordert er geradezu Streichler ein. Im offline 'Fuß' geht er sehr viel enger. Der Griff ins Geschirr, der immer auch mit ruhigen Worten begleitet wird, fährt ihn sogar runter, wenn er sich aufregt.
Auch fremde Krauler (ich passe da aber immer gut auf) nimmt er gerne entgegen.

Den Handtouch hat er übrigens schon sehr früh gelernt. Pfötchen geben rechts und links, das waren alles keine bedrohlichen Situationen für ihn. Eine leichte Berührung, wenn er nicht mehr entspannt war, reichte aber aus, dass er nach der Hand schnappte.

LG Iris mit Brummbär Richy und Springmaus Querida
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"Happiness is not a station you arrive at, but a manner of travelling." (M.L. Runbeck)

Toni Offline

wo langjährig unschuldig sitzender Knasti entschädigt wird


Beiträge: 6.180

15.06.2009 20:29
#4 RE: Handscheu Zitat · Antworten

Danke euch für die Antworten.
@Soffie
Ja, an das Hand beclickern hatte ich auch gedacht. Habe eigentlich letzte Woche auch den Handtouch geübt. Jetzt am Samstag machte es mir wieder mehr den Eindruck, das es ihn eine Überwindung kostet die Hand zu berühren.

@Stoppel
Na, das war ja auch ziemlich heftig bei euch. Habe auch schon gehört, das das ein längerer Prozess ist, die Hand wieder positiv zu belegen.
Taylor krummelt auch öfter beim Geschirr anlegen und die 3 Beißvorfälle waren immer in die Hand.

LG Nicole

**************
Liebe Grüße
Nicole mit "Stinkstiefel" Tobi, und Balou, meinem Bärchen, für immer im Herzen

"Ihr Hund mag Ihnen gegenüber vielleicht ungehorsam sein, aber den Gesetzmäßigkeiten des Lernens gehorcht er stets ausnahmslos perfekt."

Jean Donaldson

Elektra Offline

und definetely not everybody's darling (Forumsbetreiber)


Beiträge: 41.083

15.06.2009 22:02
#5 RE: Handscheu Zitat · Antworten

Nicole, gib nicht auf. Ben hatte doppelte Probleme mit Händen. Erstens waren sie per se bedrohlich (daß er mißhandelt worden ist, steht mittlerweile zumindest lt. TÄ außer Frage) und zweitens sieht er auf dem linken Auge nicht, kann aber Schatten und Bewegungen wahrnehmen. Bei ihm waren vor allem Hände, die von links kamen oder sich links neben ihm bewegten, angstbesetzt und entsprechend aggressionsauslösend.

Wichtig ist, daß Du viel Geduld hast und eher weniger als mehr übst. Lieber einen guten Touch und Schluß mit dem Training als drei schlechte und der Streß, wenigstens einen guten "erzwingen" zu wollen.

Taylor scheint mir charakterlich eigentlich recht gefestigt, ich glaube, die Wege sind noch lange nicht so verbaut wie sie es bei Ben waren. Gib diesem Hund einfach Sicherheit, indem Du ihm Streß (auch mit Händen) vom Hals hältst. Für ihn ist die größte Belohnung, dem NICHT ausgesetzt zu sein. Und wenn er an Deiner Seite grundlegendes Vertrauen in Deine Führung/Anleitung entwickeln konnte, ist immer noch genug Zeit, auch das Handtraining zu verfestigen. Ich würde es jetzt wirklich noch nicht aufnehmen, zumindest zurückfahren und erstmal das Laufen an Deiner Seite, das sich an Dir orientieren dürfen und können, üben. Schaff erst Vertrauen, nur, wenn das da ist, kann er ein solch angstbesetztes Training auch an dieser, Deiner Seite, aufnehmen und überhaupt offen genug sein, auch wirklich zu lernen.

Viele Grüße
Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)

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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)

Toni Offline

wo langjährig unschuldig sitzender Knasti entschädigt wird


Beiträge: 6.180

15.06.2009 22:39
#6 RE: Handscheu Zitat · Antworten

Danke Barbara.
Werde es langsam angehen. Wie ist es hier mit dem Generalisieren? Wenn er mit meinen Händen kein Problem mehr hätte, gilt das dann auch für andere ? Ist vielleicht jetzt eine doofe Frage.....
LG Nicole

**************
Liebe Grüße
Nicole mit "Stinkstiefel" Tobi, und Balou, meinem Bärchen, für immer im Herzen

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Jean Donaldson

Elektra Offline

und definetely not everybody's darling (Forumsbetreiber)


Beiträge: 41.083

16.06.2009 02:11
#7 RE: Handscheu Zitat · Antworten

Ist keine doofe Frage, sondern berechtigt.

Wenn er an Deiner Hand keine Probleme mehr hat, wird er mit anderen Händen weiter Probleme haben. Es gibt, mit nur einer Person und erstmal nur an einem Ort trainiert, zuviele Faktoren, aus denen er filtern muß. Da ist einmal Dein Eigengeruch, der bleibt konstant, d.h., er verbindet: Dieser Geruch ist ok. Dann ist es Deine Hand (ihre Form, ihre Bewegungen usw.), d.h., es könnte der Reiz, den er verbinden soll/kann auch sein: Diese Deine Hand in ihren Strukturen und ihrem spezifischen Einsatz. Wenn Du jetzt noch einige Tage lang die gleiche Jacke anhast, könnte auch diese für ihn der gleichbleibende Faktor sein, ebenso wie der Ort, die Bahnlinie, die vielleicht irgendwo langfährt, der eine Hund, der immer da ist, wenn Ihr übt usw..

Veränderst Du jetzt einen der Faktoren (ziehst z.B. eine andere Jacke an), kann Taylor diesen als den zu verbindenden Reiz ausschließen. D.h., aus sagen wir 10 möglichen Konstanten werden 9. Trainierst Du dann noch an einem anderen Ort, fallen weitere weg (also z.B. der Ort und die Bahnlinie und der andere Hund, der eben plötzlich nicht mehr da ist, wenn Ihr übt), es bleiben übrig: Deine Hand und ihr Eigengeruch. Legst Du dann noch ein anderes Parfum auf (oder nutzt ein anderes Deo o.ä.), kann er begreifen, daß es um Deine Hand geht. Nicht mehr und nicht weniger. Erst, wenn Du danach mit weiteren Händen trainierst und auch mit diesen die möglichen Konstanten nach und nach reduzierst, kann Taylor herausfinden, daß es nicht um den Ort, den Hund, die Jacke, die Bahnlinie etc. geht, sondern allgemein um Hände. Womit er noch nicht verstanden haben muß/kann, daß es nicht nur um die Hände als solche, sondern auch um jede ihrer möglichen Bewegungen/Betätigungen geht, die er nicht mehr als bedrohlich empfinden soll.

Erschwerend hinzu kommt, daß im Verlauf dieses Prozesses ja nicht nur die Veränderungen der Umgebung und der diversen Reize zu verarbeiten sind. Taylor selbst verändert sich ja auch. Sein Streßpegel zum Beispiel kann an einem Tag niedrig genug sein, um lernen und neue Informationen verarbeiten zu können, an einem anderen Tag aber so hoch, daß er kann nicht filtern kann, sondern nur noch eine diffuse Bedrohung -möglicherweise schon durch den Streß des Trainingsprozesses als solchem- wahrnimmt, die wiederum Rückschläge für gewünschte neue Verknüpfung bedeuten könnte.

D.h., Du mußt Dein Training nicht nur daran orientieren, genug Reize zu verändern, um Taylor das Filtern zu erleichtern, sondern auch noch dafür sorgen, daß er entspannt genug ist, sich nicht durch die Menge der Veränderungen und Konstanten, bedroht zu fühlen. Was bedeutet: Du mußt nicht nur an verschiedenen Orten und mit verschiedenen Händen üben, sondern auch noch die möglichen Ablenkungen ganz, ganz langsam steigern und das auch noch an allen Orten und mit allen Händen, an und mit denen Du trainierst, seperat.

Es wäre vermutlich sinnvoll, mal einen Plan aufzustellen. Ich mache mal ein Beispiel.

Ziel: Taylor soll seine Angst vor Händen verlieren
Zwischenziel 1: Tylor seine Angst vor Nicoles Händen verlieren, immer und überall
Schritt 1: Nicole hält Taylor alle Hände vom Leib. Außer ihrer eigenen. Die berührt ihn bzw. läßt sich von ihm berühren und zwar erstmal an einem ganz, ganz ruhigen Ort, der möglichst keine Ablenkung bietet und für Taylor ein sog. "sicheres Feld" darstellt.
Schritt 2: Wie 1, nur der Ort ändert sich, er bleibt ruhig, wird aber strukturell ganz anders aussehen. Außerdem zieht Nicole andere Klamotten an, hat eine andere Leckerchentasche, die auch an wenig anders befestigt ist als die vorherige.
Schritt 3: Wie 2, allerdings ändert sich wieder der Ort, diesmal ist etwas mehr Ablenkung da. Hat Taylor trotzdem keine Angst, wird in Schritt 4 der Ort nochmal gewechselt, zeigt Taylor Angst, muß Nicole zurückkehren zu Schritt 2, diesen festigen und erneut versuchen, Schritt 3 zu gehen.
Schritt 4: Ort wird anders, Ablenkung steigt nochmal leicht. Taylor hat Angst - Schritt zurück, Taylor hat keine Angst, Ortswechsel und leichte Steigerung der Ablenkung.

Ist das Zwischenziel 1 erreicht, folgt Zwischenziel 2. Taylor soll seine Angst vor einem weiteren Paar Hände verlieren, immer und überall.
Schritte 1 und 4 werden mit dem neuen Menschen wiederholt, parallel wird auch immer wieder mit Nicoles Händen geübt.

Weitere Zwischenziele wären, weitere Menschen mit einzubeziehen, jeweils an verschiedenen Orten und unter verschiedenen Ablenkungen.

Insgesamt solltest Du darauf achten, NIE länger als zwei Minuten am Stück an einem Ort und mit einem Paar Hände zu üben, zu Beginn max. 1x am Tag, später vielleicht auch bis zu 3x, mehr nie. Zudem müßtest Du genau auf Streßsignale achten. Zeigt Taylor irgendwelche diesbezüglichen Signale, müßtest Du das Training SOFORT abbrechen, weil Du sonst neue Verknüpfungen möglicherweise wieder zunichte machen würdest bzw. das Lernen hemmen könntest.

Aber auch, wenn das jetzt viel und kompliziert klingt: Es lohnt sich, diese Schritte zu gehen, es ist nur wichtig, weder Dich, noch den Hund unter Erfolgsdruck zu setzen.

Ich habe ja bei Seppi viel "lockerer" gearbeitet als bei Ben, und ich erlebe, daß vieles bei Seppi sehr viel schneller und leichter zu gehen scheint, als es bei Ben ablief. Klar, die beiden haben unterschiedliche Verhalten gezeigt und sind auch unterschiedliche Charaktere, aber ich glaube, der Druck, den ich mit bei Ben selbst gemacht habe, war weder ihm, noch mir immer dienlich. Trotz aller Liebe und trotz allen guten Willens mußte mir Ben noch ziemlich viel "dumm Tüch" verzeihen. Ich bin froh, daß er es getan hat und ich ihn und uns nie aufgegeben habe.

Viele Grüße
Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)

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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)

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