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Dieses Thema hat 8 Antworten
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 Behaviour (öffentlich)
Elektra Offline

und definetely not everybody's darling (Forumsbetreiber)


Beiträge: 41.083

08.07.2008 00:38
#1 Unsicherheit, Angst oder Panik? Zitat · Antworten
Ich denke, wir müßten generell, um nicht aneinander vorbei zu reden, definieren, was genau wir mit Angst und Panik meinen.

Meinem Dafürhalten und meinen Definitionen nach wäre der Status, den viele mit Angst meinen, eher der der Unsicherheit. In diesem Zustand kann der Hund lernen, denke ich, muß es sogar, er ist ja gerade in dem Konflikt "was tun", wenn er unsicher ist.

Hat der Hund schon Angst, kann er meines Erachtens nach nicht mehr anders als den Versuch zu machen, wegzulaufen. Wird er daran gehindert, verfällt er in Panik, weil er keine Alternative hat oder wird aggressiv, weil das seine Alternative für diesen Moment dann eben ist.

Viele Grüße
Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)

----

"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)

Gretacaro Offline

auf Landflucht


Beiträge: 455

08.07.2008 10:08
#2 RE: Unsicherheit, Angst oder Panik? Zitat · Antworten
Ja,
und ich würde gerne noch einfügen das es bei Mensch wie bei Hund unterschiedliche Stärken von Angst gibt (bis hin zur Panik).
Ich bin mir sicher, das wissen wir auch aus eigener Erfahrung, dass man in Situationen in denen Angst verspürt wird auch lernen kann.
Ein Hund, der allerdings Anzeichen von panikartiger Angst zeigt, wird nix um sich herum wahrnehmen können.

L.G.
von Verena (die überhaupt keine Lust hat weiter zu packen ;-)!)
Gini Offline




Beiträge: 43

08.07.2008 16:20
#3 RE: Unsicherheit, Angst oder Panik? Zitat · Antworten
Angst definiere ich beim Menschen auch mit einem Gefühl der Nichtsicherheit. Ich ängstige mich vor etwas und bin von daher etwas vorsichtiger.

Ebenso würde ich es auch beim Hund sehen. Es macht ihm Angst und somit verhält er sich vorsichtig bis zum Meideverhalten.Man weiß ja nie, was so alles passieren kann und hütet sich vor der Gefahr.

Panik ist für mich der Punkt, an dem nichts mehr geht. Kein Wort beruhigen kann und Hand Trost spenden kann. Wer panisch ist sieht nur noch die Gefahr, nicht aber auch den Ausweg.

Das wäre meine Definition.

LG Gini

Elektra Offline

und definetely not everybody's darling (Forumsbetreiber)


Beiträge: 41.083

09.07.2008 01:01
#4 RE: Unsicherheit, Angst oder Panik? Zitat · Antworten
Es gibt diesbezüglich ja unterschiedliche Ansätze, aber das, was Du als Angst definiert, heißt bei mir (und in der Verhaltensbiologie ;-)) Unsicherheit. Die wiederum nützlich und wichtig ist, um ein Tier in seiner Herangehensweise an Unbekanntes zu schützen und zu leiten. Angst hingegen ist schon eine Steigerung, ein unkontrolliertes Gefühl, ebenso wie Panik.

Angst mag in gewissem Rahmen überlebenssichernd sein, wenn sie quasi "in freier Wildbahn" auftritt, weil sie wichtige Fluchtimpulse auslöst, trotzdem gilt sie nicht von ungefähr gemeinhin als etwas, das therapiert werden sollte. Angst macht einen Hund als Gefährten eines Menschen tatsächlich problematisch, einfach weil der Mensch ihm die Impulse, die auf die Angst folgen müßten (Flucht), zumeist nimmt (Leine) bzw. nehmen muß (wär ja nicht so gut, ein ängstlich flüchtender Hund, der dabei z.B. eine Straße überqueren müßte). Hat die Angst aber keinen Erfolg, folgt entweder die Panik (weil der Hund keinerlei Lösung mehr weiß) oder die Aggression (weil sie für ihn natürlich bzw. folgerichtig kommt, wenn er nicht meiden kann), und beides wäre dann wieder aus Sicht des Menschen unerwünschtes Verhalten bzw. auch für den Hund nicht gesund.

Ich denke, man sollte da sehr genau differenzieren, allein, um rechtzeitig einzugreifen und dem Hund zu helfen, das ihn oder andere schädigende Verhalten gar nicht erst zeigen zu müssen.

Viele Grüße
Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)

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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)

yashilica Offline



Beiträge: 1.301

09.07.2008 09:11
#5 RE: Unsicherheit, Angst oder Panik? Zitat · Antworten
Mhh, wir sind hier ähnlich wei bei dem Thread mit der Aggression (vs. Dominanz ect.) an dem Punkt der Definition der Angst gelandet.

Ich finde aber nicht, dass das jetzt dahingehend abdriften sollte, sich in rein in der Definition der Angst zu versteigen, damit man im Endeffekt festnageln kann, wer Recht hat. Auch in der Verhaltensbiologie gibt es verschiedene Definitionen die von verschiedenen Autoren verwendet werden. Und es streiten/diskutieren sicher nicht wenige Fachleute über diese Defintion ohne auf eine einzig wahre von allen anerkannte Definition zu kommen. Ich denke auch gar nicht, dass es letztendlich für unserre Diskussion (die ich übrigens äußerst interessant empfinde) so wichtig ist, wer letztendlich "Recht hat" - wo Unsicherheit ist, was Angst und ab wann Panik beginnt - im Sinne der Begrifflichkeit. Zum einen sind die Übergänge fließend und zum anderen ist eine Abgrenzung eine Frage des Standpunktes und der Gewichtung.

Ganz klar ist es in dieser Diskussion aber sicher wichtig für uns, dass man klärt, was man selbst damit meint, damit nicht der eine von Äpfeln (Unsicherheit) und der andere von Birnen (Angst) und der dritte von Trauben(Panik)redet.

Conny

Elektra Offline

und definetely not everybody's darling (Forumsbetreiber)


Beiträge: 41.083

09.07.2008 13:41
#6 RE: Unsicherheit, Angst oder Panik? Zitat · Antworten
Hey Conny,

naja, ich glaube, der Thread mit der Aggression driftete aus anderen Gründen ab. Davon abgesehen, daß ich nach wie vor der Ansicht bin, daß ein Versuch einer Definition bzw. ein Zurückkommen auf wissenschaftliche Erkenntnisse KEIN Abdriften darstellt, sondern notwendig ist. Wenn Wissenschaft so oberüberflüssig wäre, wozu gäbe es sie denn? Ich frage mich oft, woher kommt eigentlich diese Abwehr gegen einen Rückbezug auf die Forschung? Ich möchte doch nicht ständig hören/lesen: "Ich glaube" oder "ich denke" oder noch schlimmer "ich weiß", wenn nichts davon anders belegbar ist als durch eine Erfahrung mit einem Hund.

Ich halte Erfahrungsaustausch für unabdingbar. Trotzdem vertraue/traue ich persönlich nur einem Trainer, der mir auch erklären kann, warum er Methode A oder B anwendet - und zwar verhaltensbiologisch überzeugend. Und dafür braucht es ein Mindestmaß an Fach- bzw. kynologischen Kenntnissen, die ich außerdem für hochgradig spannend halte. Ich will doch alles wissen, was mir hilft, meinen Hund besser zu verstehen.

Was eben auch heißt: Alles darüber, was ihn veranlassen könnte, so zu handeln, wie er handelt. Und das setzt, hier schließt sich IMHO der Kreis, Definitionen voraus und zwar eben nicht nur persönliche. Oder ich muß zumindest in jedem Thread, der nach Angst und Aggression fragt, den Schreibenden fragen: Was meinst DU denn jetzt damit?

Ich erlebe doch mehr oder weniger Leute, die mir erzählen, ihr Hund sei aggressiv gewesen. Gerade letzte Woche hatte ich so einen Film. Und dann? Zeigten sie einen kleinen Film, und der Hund, den ich sah, forderte lediglich bellend Aufmerksamkeit ein, eine mehr oder minder offensive Spielaufforderung wäre die weit richtigere Beschreibung gewesen.

Oder nehmen wir das gerne genommene: "Mein Hund hat gebissen." Oder noch schlimmer: "Der Hund, der uns begegnete, hat meinen furchtbar gebissen." Wenn man da dann nachhakt, stellt sich in 90 Prozent der Fälle am Ende raus, daß zwei Hunde miteinander rauften, es gefährlich aussah, aber höchstens ein Schnapper beinhaltet war.

Sorry, aber ich denke, man MUSS definieren, bevor man Begriffe anwendet und wenn möglich eben nicht nur subjektiv, sondern so objektiv es geht.

Viele Grüße
Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)

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yashilica Offline



Beiträge: 1.301

09.07.2008 22:38
#7 RE: Unsicherheit, Angst oder Panik? Zitat · Antworten
Hei elektra,

ich meinte nicht, dass der Thread abdriftet wie es mit der Aggression der Fall war (ich habe den Thread nur am Rande verfolgt) und wieder einmal scheint es mir gelungen zu sein, dass ich das Gefühl rüberbringe ich hätte was gegen Wissenschaft. Wie du weißt, bin ich bestimmt die Letzte die etwas gegen Wissenschaft oder wissenschaftliche Auseinandersetzungen. Im Gegenteil, ich finde es sehr wichtig und gut, dass wir uns nicht nur über "Meinen" und "Fühlen" austauschen, sondern auch wissenschaftliche Argumente eine wichtige Rolle spielen- und du bist ja ein schier unerschöpfliches Fass an Wissen zum Thema Hund. Aus meiner Erfahrung heraus weiß ich aber, dass es das auch in den Naturwissenschaften oft mehrere Definitionen, Ansichten ect. gibt - je nachdem, welchen Wissenschaftler man fragt. Und es gibt wohl auch mehrere darunter die ihre Ansichten äußerst schlüssig begründen können - auch verhaltensbiologisch

Für absolut unabdingbar halte ich es wie auch du, dass man die Definition, die man verwendet erklärt, wenn sich mehrere unterhalten - wie hier im Forum - ob wissenschaftlich oder über persönlichen Ansichten. DArum auch mein Versuch der Zusammenfassung unserer bisherigen Beiträge zur Gewitterangst.

Allerdings muss ich zugeben, dass ich da wohl ein bisschen überempfindlich bin, wenn ich ds Gefühl bekomme, dass jemand vermittelt, es gibt nur eine einzig wahre Wahrheit zu einem Thema..... Vielleicht auch deswegen weil ich mir irgendwie dachte, es wäre dem überwiegend so als ich anfing Biologie zu studieren - eine Naturwissenschaft, eine harte Wissenschaft der Fakten. Und nun habe ich festegellt, dass auch hier vieles eine Frage des Betrachters (Wissenschaftlers) ist

Aber diese Ausführungen passen wohl eher unter KAffee und Kuchen und nicht mehr zum Gewitter - da hast du Recht.

Conny

Elektra Offline

und definetely not everybody's darling (Forumsbetreiber)


Beiträge: 41.083

10.07.2008 00:22
#8 RE: Unsicherheit, Angst oder Panik? Zitat · Antworten
Hey Konny,

ich verstehe, was Du meinst. Ich glaube, ich bin einfach sehr empfindlich, wenn ich Sätze, die von "zuviel Wissenschaftlichkeit" sprechen, auch nur erahne.

Ich habe den Thread jetzt abgetrennt, ich finde nämlich Deine Anmerkungen darüber, daß selbst die Biologie, die man als eine Wissenschaft der harten Fakten empfinden könnte, nicht unbedingt so hart faktisch ist, sehr spannend.

Hast Du denn mit Verhaltensforschung auch etwas zu tun, oder welcher Teil der Biologie ist der, der Dich beschäftigt?

Viele Grüße
Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)

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yashilica Offline



Beiträge: 1.301

10.07.2008 23:06
#9 RE: Unsicherheit, Angst oder Panik? Zitat · Antworten

Zu Beginn meines Studiums habe ich einiges in Verhaltensbiologie gemacht, mich haben auch schon weit früher schon die Bücher von Konrad Lorenz sehr gefesselt. Mein Vater lehrte Psychologie an der hiesigen Uni und daher stand jede Menge Literatur in der Art zur Verfügung. Ich verschlang die Bücher und hielt die Aussagen darin für eine Art Bibel. Alles war so schlüssig, so logisch - ich konnte nicht anders - ich glaubte alles Wort für Wort. Aber nicht zuletzt auch in Diskussionen mit meinem Vater erfuhr ich bereits recht früh von der Relativität der Gültigkeit von Schlußfolgerungen und der Gefahr von Fehlinterpretationen durch Beobachter oder anders ausgedrückt dass das Ergebnis leicht durch eine Erwartungshaltung Ideologien oder auch allein schon durch die Art der Fragestellung beeinflusst werden kann (auch ungewollt und unbewusst) - ein Problem, mit dem naturgemäß Psychologen viel zu kämpfen haben. Wie plant man eine Studie um möglichst objektiv zu einem Urteil zu kommen? Eine schwierige Sache - und selbst wenn einem das gelingt, dann kommt ja immer noch die Interpreation der gesammelten daten.

Leider wird an unserer Uni nur sehr wenig Verhaltensforschung gelehrt (gerade mal was zum einsteigen und Gusto kriegen und dann Sense) und mit Wirbeltieren kann man kaum was machen, die Schwerpunkte liegen anders. Auch war und ist es generell sehr "sexy" was mit Verhaltensforschung oder Wirbeltieren zu machen und entsprechend schwer ist es eine Arbeit in der Richtung zu bekommen, geschweige denn eine Arbeit die sich auch noch mit Kindern und Familie vereinbaren lässt. Und so begrub ich meinen uralten Traum mit Wölfen in Alaska zu arbeiten oder Tiger in Sibieren zu beobchten oder was in der Art. Wie gesagt, als ich zur Biologie kam war ich aber überzeugt, dass in dieser Naturwissenschaft die Dinge anders lägen - alles eine Frage der Fakten und Tatsachen, alles meßbar und klar definiert. Ja definiert schon, aber der eine Autor (im Sinne von Verfasser eines wissenschaftlichen Artikels oder Buches) meint den Begriff XY im weiteren Sinn, der andere in einem engeren und der dritte ist überhaupt der Meinung, dass man das ganz anders definieren muss. Würden die Wissenschaftler in ihren Abhandlungen nicht klar festlegen, was genau sie mit einem bestimmten Begriff meinen über den sie sprechn (z.B. Angst ist eine von den Hormonen Adrenalin und Testosteron u.a. ausgelöste Emotion, die sich wie folgt äußert...), dann gäbe es eine große Verwirrung. Deshalb ist es äußerst wichtig, dass die verwendete Begriffe klar definiert sind.

Zum Beispiel: der eine versteht unter Population eine Gruppe verwandter Individuen, die maximal XY Idividuen umfasst, der andere spricht von einer Gruppe, die innerhalb eines bestimmten räumlich begrenzten Fläche vorkommt, und der dritte definiert eine Population als eine Gruppe von Individuen, die zusammen vorkommen und interagieren, die aber nicht zwingend verwandt sein müssen. Wenn die drei sich nun miteinander über Phänomene in einer Popualtion unterhalten ohne die unterschiedliche Definition vorher zu klären, dann könnte das zu grundverschiedenen Rückschlüssen führen, ohne dass einer der drei eine falsche Interpretation haben muss. Die Basis jeder wissenschafltichen Diskussion ist also eine klare Definition der verwendeten Begriffe - gerade wenn es von einem Terminus verschiedene Interpretationen gibt. Und da gibt es oft kein richtig oder falsch - das ist einfach Ansichtssache - jeder begründet warum er den Begriff so verwendet und nicht anders und in der Regel setzt sich dann eine der Definitionen durch (entweder von dem, der den Begriff eingeführt hat oder von dem, der am angesehensten ist oder - wenn man Glück hat - von dem, der ihn am besten begründet und erklärt hat).

Noch mehr überrascht hat mich aber die Tatsache, dass es auch in solchen Teildisziplinen wie z.B. Physiologie - die für mich nun wirklich etwas waren wo ich meinte - die Dinge klar wäre oder eben noch zu wenig erforscht- Diskrepanzen zwischen verschieden "Schulen" oder Wissenschaftlern gab und gibt. Auch da gibt es zahlreiche Bereiche, die zwar intensivst erfoscht werden und wurden, zu denen es aber verschiedene wissenschaftliche Ansichten gibt. Z.B. über Sinn und die Funktion der Photosysteme bei Pflanzen, über Membranpumpen in den Zellwänden oder Phytohormone sind auch so etwas - gibt es Florigen (das Hormon, das bei Pflanzen die Blüte auslösen sollte) oder nicht? Ich meinte, das wäre etwas das muss man doch einfach feststellen - messen - können. Fakt ist aber: die einen sind überzeugt, dass es das Hormon gibt und haben auch Substanzen gefunden, die es sein könnten, andere wiederrum halten es für Humbug und schreiben den angegebenen Stoffen eine gänzlich andere Funktion zu. Tja - beide Parteien haben schlüssige Argumente und wieder bleibt einem die Glaubensfrage -wer klingt überzeugender (wer schreit lauter?)- das fand ich schon skuril. Und wenn man mal angefangen hat zu hinterfragen, was der eine oder andere Guru in seinem Bereich so verfasst hat, dann kann man unter anderem auf haarsträubende Dinge kommen, was aber nie hinterfragt wurde, weil es ja vom Guru kommt Und ich fand und finde es nach wie vor spannend, dass es zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten gibt, die ein bestimtes Thema behandeln und obwohl sie für sich stehend alle zu 100% schlüssig sind doch so in ihren Grundaussagen voneinander abweichen können.

Die Herausforderung einer wissenschaftlichen Arbeit ist es dann, diese verschiedenen wissenschaftlichen Ausagen abzuwägen und deren Anwendbarkeit auf eigenen Arbeiten umzulegen. Nicht selten kommt es vor, dass die eigenen Ergebnisse zum Teil mit den Aussagen von Autor A übereinstimmen, während sich ein Teil wieder ganz mit den Aussagen von Autor B deckt. Es kann aber auch sein, dass gar nichts von den bisherigen Rückschlüssen passt und man eine neue, eigenen Interpretation liefern muss. Es stehen also oft mehrere Ansichten gleichberechtigt nebeneinander und Aufgabe des Wissenschaftlers ist es dann in einer möglichst wertfreien Diskussion diese einander gegenüber zu stellen und in Beziehung zu setzen. Sei es auch, dass man fesstellt, dass man keinen Bezug zu bisherigen Arbeiten stellen kann aus den und den Gründen.

Urgs - ich hoffe, ich habe mich nicht heillos verstiegen und nur Verwirrung gestiftet - aber es war ein Versuch, meine Ansichten und Erkenntnis über die "Wahrheiten" in der Biologie "kurz" darzulegen.

Was ich konkret im Moment mache, hat nichts mehr mit meinen Anfangsambitionen zu tun - ich bin mittlerweile Ökologin - eigentlich Botanikerin - in einer Arbeitsgruppe, bei der es um Nahrungsbeziehungen zwischen Bodenlebenden Insekten und Beute und Insekten und Pflanzen geht. Aber es ist ein äußerst spannendes Arbeitsgebiet - denn dass ein Wolf Hasen oder rehe frisst ist relativ leicht zu beobachten oder nachzuweisen. Was aber eine Käferlarve in 10 cm Tiefe im Boden am liebsten verspeist, das lässt sich nur sehr schwer fesstellen. Klar kann man sagen -sie sitzt an der Wurzel der Pflanze XY also frisst sie die - nun gut, aber nur weil wir in einem Haus wohnen, heißt das noch lange nicht, dass wir am liebsten Ziegel fressen , oder?

Nun aber genug über mich - ich hoffe, ich habe deine Neugier gestillt und die anderen nciht allzu sehr gelangweilt...

Conny

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